Negative Gefühle wie Wut, Hilflosigkeit oder Frust schalten das Hirn aus. Deshalb, meint ein Profi, brauchen gute Verhandler bestes Stressmanagement. Ich fand diese Aussage, als ich das Thema „gute Vereinbarungen verhandeln“ vorbereitete und die Bedeutung von Gefühlen in einer Verhandlung beleuchten wollte.
Ich glaube, positive Gefühle – Verliebtheit z.B. – können unser Hirn auch ausschalten. Das ist nicht schlimm, aber ich sollte es wissen und mich kennen.
Denken, Fühlen, Wollen, Handeln
Das ist Basis-Psychologie: So tickt der Mensch. Die vier Dimensionen stehen in Wechselwirkung miteinander. Und lassen sich bei anderen Menschen beeinflussen. Darauf zielen viele Reden, Ansprachen, Verkaufsversuche ab. Natürlich auch die Balz. Gefühle bestimmen unser Verhalten mehr, als das der oft überschätzte Verstand vermag.
Gefühle steuern?
Zu 100% kontrollieren können wir sie nicht, aber beeinflussen geht sehr wohl. Das ist die gute Nachricht: Ich bin meinen Emotionen nicht ausgeliefert, ich kann sie in gewissem Umfang regulieren. Ein Beispiel mag es verdeutlichen: Ich kann mein Denken umstellen, meine Bewertung variieren. Statt „Kampf“ sage ich „Spiel“ – zur Jobsuche, Verhandlung, Familienfeier. Und schon ändern sich meine Gefühle.
angenehm
Positive Gefühle können wir fördern. Zum Beispiel, indem wir den Moment bewusster genießen und dabei die Sinne durchgehen: Was gibt es zu sehen, hören, riechen, schmecken, was gibts an taktilen Empfindungen? Wohlfühlen ist spür- und intensivierbar.
Später können wir davon erzählen. Das klappt wie bei einem guten Witz: Wenn ich ihn oft genug erzählt habe, hat er sich eingeprägt und ich kann ihn jederzeit wieder abrufen. Schwups ist das Gefühl wieder lebendig.
unangenehm
Auch für unschöne Gefühle gibt es Stellgrößen. Schildere ich sie mit Ausdauer und Inbrunst, passiert leider das gleiche wie mit dem Witz. Erwarte ich Unerquickliches, dann arbeiten mein Denken und meine Wahrnehmung selektiv. Und werden die Bestätigung schnell liefern. Denn so funktioniert unsere unwillkürliche Info-Suche. Wir suchen schnelle Bestätigung. Das ist ökonomisch. Leider.
Das Gute am unguten Gefühl
Negative Gefühle sagen oft etwas darüber, dass ein Bedürfnis nicht erfüllt ist. Wir wollen Zugehörigkeit, Einfluss nehmen können, Unlust vermeiden und das Selbstwertgefühl sichern. Unser Gefühl zeigt sehr schnell auf entsprechende Defizite oder Bedrohungen. Also kann ich daran arbeiten, die zugrunde liegenden Bedürfnisse zu stillen.
Gefahr von Manipulation
Die andere Brille: Wer bei den Mitmenschen dort schwächend ansetzt, kann sich auf Gefühlsäußerungen fest verlassen. Und dann mit betont ruhiger Stimme auffordern, doch bitte sachlich zu bleiben. Dieser verbreitete unfaire Trick führt recht zuverlässig zu Emotionen und schwächt die Gesprächspartner.
Vorsicht mit dem Wort „Gefühl“ in Ihrer Rede
In manch einer Umgebung wird ein Lümmel dazwischen rufen: „Gefühle gehören ins Bett!“ Jemand anderes lacht laut und Sie sind von Ihrem Thema abgelenkt. Haben Sie Fertigkeiten ohne Schlag geübt, kommt Ihnen vielleicht die Replik „Über Ihr Liebesleben können wir gerne später noch sprechen“ über die Lippen. Das ist besser als Sprachlosigkeit oder, schlimmer, Unterlegenheit. Ein zersetzendes Gefühl.
Löse Gefühle aus, und Du wirst bemerkt
Das wissen die Polterer und Meinungsmacher: „Du musst erzählen, was den Menschen Angst macht. Oder was sie aufregt. Dann wirst Du berühmt.“ Entsprechend würzen Titelseiten das Grauen mit Bildern, mutmaßen Gerüchte-TV-Sendungen Stund um Stund, mutieren Medien zu asozialen, wo doch eigentlich Austausch dominieren sollte. Es geht um Gefühle, ohne dass Daten und belastbare Infos vorliegen. Später, wenn sauber Recherchiertes publiziert wird, rennt die Sau in einem anderen Dorf: Belästige mich nicht mit Fakten, wenn meine Meinung schon fest steht!
Miesmuscheln machen schlechte Laune
Wer darüber berichtet, dass sich etwas wirklich toll anfühlt, hört
(zu) oft eine Erwiderung, die mit „ja, aber…“ beginnt. Ich weiß nicht, was jemanden dazu veranlasst, anderen die gute Stimmung zu verderben. Das tun Ihre Freunde? Solche braucht kein Mensch. Ich werde schnell unwillig oder sauer (zwei Gefühle, I know), wenn das passiert. Meist höre ich auf, zu erzählen. Oft gehe ich weg. Manchmal versuche ich es doch: „Freu dich doch mit mir!“
Ist Schadenfreude ein Gefühl?
Hier hab ich selbst das „Ja, aber…“ auf den Lippen. Ja. Es ist eines. Freude. Aber was für eine! Angesichts beliebter TV-Formate fühle ich mich einigermaßen allein, wenn ich sage: widerlich. Dieses Gefühl heißt übrigens Ekel.
Gefühle sind sehr gute Indikatoren
Sie sind elementarer Bestandteil unseres Lebens. Und gehören zur Intuition. Blind gehorche ich ihnen nicht, den Gefühlen und Emotionen. Ich nehme sie wahr und hinterfrage. Was war der Auslöser? Sind sie passend? Wenn sie nämlich unangemessen sind, sollte ich dem ersten Drang nach sofortigem Tun widerstehen und das gegenteilige Verhalten praktizieren:
Ich ärgere mich, aber der Ärger ist nicht angemessen? Ich lächle freundlich oder gehe weg.
Ich stehe vor einer Entscheidung und habe ein komisches Gefühl? Aufschieben wäre keine gute Handlungsempfehlung. Besser: Das Gefühl prüfen und die Optionen. Die beste Kombination für Entscheidungen: Wissen einsetzen UND Intuition nutzen.
Ich habe Angst? Dann lautet der Handlungsimpuls meist: Ich muss jetzt und sofort etwas tun, agieren, weglaufen… Wenn nun aber der Check sagt, hier ist es gar nicht gefährlich? Wenn diese Angst ein Muster von früher ist, längst überholt, unnötig? Oder durch Vermeidungslernen antrainiert wurde? Die Angst sagt vielleicht: „Hier kann ich nur scheitern und mich bis auf die Knochen blamieren. Dann geht die Welt unter.“ Therapeuten könnten dazu raten: „Wo die Angst ist, ist der Weg. Versuch’s!“ Meine Empfehlung: „Blamiere dich täglich!“
Gefühle sind feine, schnelle Signalgeber
Reguliere sie. Reduziere schädliche, fördere gute Gefühle. Und trainiere das Barometer Bauch. Deine emotionalen Sensoren können wie ein Seismograph fungieren. Ein feines Instrument.