Wenn Sie als Betriebsrat im Trennungsgespräch sitzen, weil der zu verabschiedende Mitarbeiter Sie darum gebeten hat, dann zahlt sich Ihre gute Vorbereitung aus. Oder aber, im schlechten Fall, rächen sich alle Fehler, die Ihnen bislang unterlaufen sind.
Sie haben großen Einfluss
In diesem Gespräch prägen auch Sie den Verlauf. Auch Sie beeinflussen, ob Gekündigte bald wieder eine neue Arbeit finden können oder nicht. Ob jemand, der das Unternehmen verlassen muss, extrem sauer oder tief geknickt geht. Denn wer auf Rache sinnt oder noch im Prozess vor dem Arbeitsgericht hängt, hat als Bewerber ebenso schlechte Karten wie jemand, der völlig verunsichert jeden Glauben an seine Leistungsfähigkeit verloren hat. Sollte es sich um ein Trennungsgespräch handeln, das mit dem Ziel „Auflösungsvertrag“ geführt wird, so haben Sie zudem auch großen Einfluss auf die Dauer und das Ergebnis der Verhandlung.
Sie können unterstützen
Arbeitnehmer-Vertreter berichteten, dass viele Gekündigte nach dem Trennungsgespräch nicht mehr zu ihnen kamen. Andere beschrieben, dass gerade in dieser Situation ihr Beistand gefragt war. Für dumm halte ich die Aussage nach einer Kündigung: „Ich kann nichts mehr für dich tun.“ Sie ist falsch! Selbst dann, wenn die Trennungsentscheidung feststeht. Die nun folgende Etappe, die verbleibende Zeit bis zum Ausscheiden, der weitere Umgang mit dem Menschen, der das Unternehmen verlässt, sind äußerst wichtig für ihn. Und da können Sie genauso wie die Kollegen noch sehr viel tun.
Betriebsräte sprechen von ihren eigenen Nöten
Arbeitnehmervertreter sitzen bei Trennungen zwischen vielen Stühlen. Deshalb ist es wichtig, die Dilemmata genau anzusehen. In meinen Workshops sagen sie es ganz offen: „Als BR weiß ich lange vor dem Gespräch Bescheid, darf aber nichts sagen. Nicht einmal dann, wenn ein Freund entlassen werden soll – und wenn der drängt: ‚Mir kannst Du es doch sagen!'“ – „Ich bin selbst auch Arbeitnehmer.“ – „An der Entscheidung waren auch wir, die AN-Vertreter beteiligt.“ – „Auch ich bin der Meinung, dass hier Mitarbeiter für die Fehler der Manager büßen müssen.“ -„Meine eigenen Emotionen machen mir zu schaffen, aber ich muss hier cool und professionell bleiben. Dabei habe ich schon lange Schlafstörungen und komme morgens mit einem ganz schlechten Gefühl zur Arbeit.“ – „Ich muss den dramatischen Einzelfall und das Ganze im Blick behalten.“ – „Nun habe ich eine miese Rolle: Ich darf nicht sagen, was ich denke.“ – „Ich habe auch ein schlechtes Gewissen und frage mich, ob ich wirklich alles getan habe, um den Rauswurf zu verhindern.“ – „Ich brauche Antworten ohne Floskeln.“
Self care
Die beschriebenen Zwickmühlen sind systemimmanent, doch niemandem ist gedient, wenn Sie als BR darüber krank werden. Sorgen Sie gut für sich, reden Sie miteinander im geschützten Raum und suchen Sie im Ernstfall professionelle Hilfe – für Sie selbst.
Kenne dich selbst und wisse, wo du stehst
Sie haben eine anspruchsvolle Rolle inne und bleiben doch ganz Mensch. Natürlich haben Sie persönliche Erfahrungen und können bestens absehen, was Ihnen selbst Mühe bereitet. Sie wissen auch, wo Sie anfällig für eigene Dummheiten und Überreaktionen sind. Und nun verlangt es Ihre Pflicht, in einer solch belastenden Situation besonnen zu bleiben! Es ist Ihre Verantwortung, dafür zu sorgen, dass nicht Ihre Gefühle die Regie übernehmen. Folglich müssen Sie sich gut kennen: Ihre eigenen Denk- und Bewertungsmuster, Gefühle und deren Folgen, Ihre Ziele, Konsequenzen Ihres Tuns.
be prepared
Trennungen haben ihre eigene Dynamik. Es wird emotionale Reaktionen geben. Manchmal reagieren Gekündigte mit Forderungen, Drohungen, Tränen, Erstarren, Nicht-Verstehen, Verzweiflung, Suizid-Gedanken. Für viele Nur-dabei-Sitzende ist Schweigen schwerer zu ertragen als Aggression. Manch eine/r kann mit Weinenden nicht umgehen. Weil auch verbale Attacken denkbar sind, sollten Sie Antworten und Aktionen vorbereiten – und Formulierungen üben. Auf Aussagen wie beispielsweise:
„Du hast gut reden, du behältst ja deinen Job.“
„Ich habe dich gewählt. Jetzt tu endlich mal was für mich.“
„Ihr habt gemauschelt.“
„Du konntest mich ja noch nie leiden.“
„Dem gehört doch mal aufs Maul gehauen!“
„Ich weiß, wo die Tochter des Chefs abends joggen geht.“
„Das hat alles keinen Sinn mehr.“
Sie meinen, so etwas komme nicht vor? Es kann weit schlimmer kommen noch viel mehr brisanter werden. Sprechen Sie mit Erfahrenen, Kollegen, Genossen, Betroffenen. Im Idealfall sprechen Sie auch mit „den Vertretern der anderen Seite“, denn trotz aller Gegensätze verfolgen Sie auch gemeinsame Interessen: das Wohl der Betroffenen, der Bleibenden, Sicherung der Zukunft…
Haltbare Absprachen mit den anderen Akteuren
Sitzen Sie nun als Betriebsrat im Trennungsgespräch, greift Freund-Feind-Denken zu kurz. Und verdirbt das Gespräch. Wer jetzt in einen Kampfmodus verfällt, macht einen Fehler. Geht es um eine Kündigung, sind Verhandlungen längst gelaufen und gehören nicht in dieses Gespräch – letztlich gehen Kämpfe in dieser Situation fast immer zu Ungunsten der Betroffenen aus, die weder unnötig verunsichert noch aggressiviert werden dürfen.
Best Case
Die besten Lösungen werden erarbeitet, wenn Akteure – Betriebsrat, Führungskraft, Personaler – vorab die strittigen Punkte ausgehandelt haben. Das wissen die Profis auf allen Seiten. Manchmal wird mir Naivität unterstellt, wenn ich davon spreche, dass Trennungsvorgänge professionell, seriös, wirtschaftlich und fair vonstatten gehen können. Nein, das ist nicht blauäugig, das ist das Ziel. Seriöses Vorgehen auf allen Seiten hilft. Im perfekten Fall bereiten Sie das gemeinsam mit dem Management und HR vor.
Wenn also Sie als Arbeitnehmervertreter zur Unterstützung des Mitarbeiters in ein Trennungsgespräch gerufen werden und wenn der Initiator des Gesprächs dieses gut vorbereitet hat, dann wird Ihre Aufgabe sein, den Mitarbeiter emotional zu unterstützen, bei Bedarf zu deeskalieren, nötigenfalls Klarheit zu vermitteln.
dumm gelaufen
Wirklich schlimmer aber ist, wenn Übermittler der Trennungsbotschaft unvorbereitet in das Gespräch gehen, wenn Kunstfehler und Schnitzer unterlaufen, wenn der Entscheidungsprozess unsauber definiert war, wenn Botschaft, Begründung und Angebot unklar sind, wenn Gesprächsführer unsicher sind und um den heißen Brei herum reden. Oder, noch schlimmer, wenn wirklich eine Schweinerei läuft. Diese Management- und Führungsfehler führen zu überflüssigen, vermeidbaren Kränkungen, Schäden und Kosten. Dann droht der GAU und Ihre Rolle als BR wird eine andere. Wenn jedoch zumindest Ihre Vorbereitung stimmt, dann sind Sie auch für diesen Fall gerüstet.
Betriebsrat im Trennungsgespräch: So geht es richtig
Doch es geht besser. Dazu gibt es viele praxiserprobte Tipps im Buch und auch hier auf dieser Homepage. Und dazu kann ich bewährte Workshop-Formate liefern, die sich bewährt haben und deren Wirkung mit bestem Feedback bedacht wurde. Es gibt gute Beispiele auch in besonderer Konstellation: Geschäftsführer, Führungskräfte, Personalleiter und Betriebsrat saßen am Tisch. Spannend, wirksam.
Eine anspruchsvolle Aufgabe, die Sie meistern können
Sie werden als Betriebsrat mit Trennungsgespräch sitzen? Da können Sie vieles richtig machen.